Heute habe ich erstmals wieder Cottbus erreicht (und später wieder verlassen), die Stadt in der vor 31 Tagen meine ZuhörTour begann und wo sie in 3 Tagen enden wird. Mein Tag begann zunächst in Schorbus auf dem Weg nach Reinpusch. Schon morgens erwärmte die Sonne die Luft sehr schnell, sodass sich bis zum frühen Nachmittag kaum Menschen draußen aufhalten wollten. Trotzdem war ich keineswegs ohne Begleitung und interessanten Gesprächspartner. Benedikt vom vorwärts begleitete mich heute und im weitesten Sinne auch die freundliche Postfrau, deren Weg wir in Groß Gaglow immer wieder gegenseitig freundlich grüßend kreuzten.
Um Kinder und Enkel, die weit weg wohnen und die Frage warum Rente doppelt besteuert wird, ging es in einem Gespräch auf Höhe des Stadions der SG Groß Gaglow. Wenig später wurden wir von einem ehemaligen Tiefbauer und Baggerfahrer aufs Grundstück gebeten. Einmal die Füße im Pool abkühlen und bei einem kalten Glas Wasser frisch gepflückte Erdbeeren essen – er bot uns bei 27 Grad im Schatten das Paradies. Dabei erzählte er uns von seiner Sorge um die jüngere Generation mit Blick auf leere Rentenkassen, den Umgang miteinander, Betrug in der Politik und unwürdige Arbeitsbedingungen. Seine Ansicht: “Von allen Übeln ist die SPD das Kleinste.” Kurz vor Gallinchen stieß Marco Bedrich zu uns, der mit mir Benedikt verabschiedete und mich auch durch Gallinchen begleitete. Am Gartenzaun ging es dort wieder auch um Renten und Pflege, aber vor allem auch um die Frage eines einheitlichen Bildungssystems. In der Pandemie sei deutlich geworden, das die Einheitlichkeit fehle, gerade in Bezug auf die Digitalisierung in Schulen. Daraus sollten wir lernen. Noch während wir sprachen, fragte mich ein vorbeikommender Familienvater, in welche Richtung ich meine Tour fortsetzen würde, sodass er mich begleiten könne. Er ging vor und wenig später hatte ich Marco verabschiedet und ihn eingeholt. Er empfindet einige Corona-Maßnahmen als starke Bevormundung, insbesondere, wenn sie bis ins kleinste Detail gehen. Dass zum Anfang der Pandemie Fehler gemacht worden seien, verstehe er, da man die Gefährlichkeit des Virus’ nicht einschätzen konnte. Dass man immer noch an den Maßnahmen in der Detailtiefe festhalte, obwohl man viele Vergleichswerte aus anderen Ländern habe, verschafft ihm ein ungutes Gefühl. Er mache sich mehr Sorgen darum, was mit den Kindern und Jugendlichen in der Pandemie passiere. Mit ihm sprach ich auch gerade über soziale Ungleichheiten und ein bedingungsloses Grundeinkommen, als neben uns ein Mann mit dem Rad anhielt. Er habe soeben von seinem Nachbarn erfahren, dass ich in der Nähe sei und er habe sich gedacht, “mal sehen, ob ich Sie noch einhole”. Ich verabschiedete mich vom jungen Familienvater und seiner bezaubernden kleinen Tochter und setzte meinen Weg Richtung Frauendorf nun in neuer Begleitung fort. Nach 25 Jahren Arbeit im Westen ist er nun zurück. Die Arbeit ist gut, die Kollegen nett und er endlich seiner Familie näher. Trotzdem habe er feststellen müssen, dass die Löhne immer noch schlechter seien und Betriebsräte viel weniger selbstverständlich als im Westen. Ich muss ihm beipflichten, dass ich, Jahrgang 1986, auch nicht verstehe, warum es hierbei immer noch so große Unterschiede gibt. Ich kämpfe für gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Deutschland. Dazu gehört auch, die deutsche Einheit zu vollenden.