Kein Antrag oder Gesetzentwurf für oder gegen eine Impfnachweispflicht konnte sich gestern bei der Abstimmung im Bundestag durchsetzen.
Die Debatte im Bundestag wurde meist faktenreich und oft leidenschaftlich geführt und hat damit aus meiner Sicht perfekt die Debatte in unserer Gesellschaft widergespiegelt.
Die meisten Kommentator:innen sehen es anders, aber:
Für mich war das eine Sternstunde im Parlament, weil deutlich wurde, wie gut das Parlament unsere Gesellschaft abbildet. Es wurde deutlich, was aus meiner Sicht für Gesellschaft und Parlament gleichermaßen gilt:
1. Die übergroße Mehrheit hält Impfen für den richtigen Weg und vertraut der Schutzwirkung einer Impfung.
2. Eine Mehrheit kann sich auch vorstellen, dass die Impfpflicht ein Weg aus der Pandemie sein könnte.
3. Einer Mehrheit ist klar, dass es sich bei der Ausgestaltung einer Impfpflicht um ein unfassbar komplexes Thema handelt, bei dem eine Vielzahl von Aspekten berücksichtigt werden muss und selbst bei aller Sorgfalt nicht alle Fragen geklärt werden können.
Ich bedauere es sehr, dass es nicht gelungen ist einen Kompromiss zu finden, der uns eine Vorsorge gegen eventuelle schwerere Virusvarianten im Herbst erleichtert hätte. Gerade mit Blick auf Kinder und Jugendliche, Eltern, Künstler:innen, viele Gewerbetreibende und ganz besonders vulnerable Personen besorgt mich das sehr und spornt mich gleichzeitig an, nicht locker zu lassen in der Aufklärung für die Impfung.
Meine Entscheidung gegen eine Impfnachweispflicht zu stimmen, begründet sich auf einer Vielzahl von Argumenten und auf Grundlage zahlreicher Gespräche und Runden mit Experten:innen und Bürger:innen. Einige Punkte möchte ich hier mal ausführen.
Mein Plädoyer ist seit langem, dass bei der Frage Impfpflicht, die viele Menschen so emotional bewegt und bei der auch bei sachlicher Betrachtung nicht alle Fragen der Umsetzung beantwortet sind, Bürger:innen und Staat sich auf Augenhöhe begegnen sollten: Der demokratisch legitimierte Staat gibt den Rahmen und die Möglichkeiten vor und die Bürger:innen entscheiden im Rahmen dessen. Das wäre bei einer Verpflichtung zur Beratung der Fall gewesen, wissentlich, dass es auch da offene Fragen bei der Umsetzung gibt.
Eine Impfpflicht für lebensältere Jahrgänge lässt sich inhaltlich begründen. Die Impfung dient vorwiegend dem Eigenschutz und ältere Jahrgänge sind von der Krankheit besonders betroffen. Von 800 ungeimpften Corona-Toten hätten statistisch gesehen mindestens 700 durch die Impfung überlebt. Viele ungeimpfte Menschen, die derzeit an Corona sterben, könnten gerettet werden, wenn sie geimpft wären. Der Staat kann Menschen zum Eigenschutz verpflichten. Dies tut er beispielsweise mit der Gurtpflicht und der Helmpflicht. In der Umsetzung dieser Impfpflicht waren für mich leider einige Fragen nicht gut geklärt und ich möchte vermeiden, dass die Bürger:innen das Vertrauen in den Staat verlieren, wenn Politiker:innen Gesetzen zustimmen, bei denen sie schon vorher erkennen, dass die Umsetzung massive Probleme birgt.
Es war keine leichte Entscheidung und bis auf wenige Ausnahmen, haben sich die Abgeordneten meinem Eindruck nach diese Entscheidung auch nicht leicht gemacht.
Wie geht es weiter?
Ich werde nun alles mir Mögliche tun, um weiter für das Impfen und das Vertrauen in die Impfung zu werben.
In diesem Sinne: Geht euch impfen und sagt es weiter: #Impfenschützt